Mackevision, ein großer Anbieter von computergenerierten Animationen aus Stuttgart, bekommt einen neuen Eigentümer. Der Dienstleister Accenture Interactive will seine Angebote im Bereich künstliche Realität ausweiten. Joachim Dorfs sprach mit Firmenchef Achim Pohl.
Herr Pohl, wie verändert die Übernahme durch Accenture Interactive das Geschäft von Mackevision?
Zunächst einmal haben wir einen ganz anderen Kundenzugang. Accenture ist mit 435 000 Mitarbeitern das größte Beratungsunternehmen weltweit und hat in allen relevanten Industrien Zugänge zum Top-Management. Daraus ergeben sich ganz andere Skalierungsmöglichkeiten als wir sie heute haben. Und auf der geschäftlichen Seite bleibt Mackevision als Einheit so erhalten. Die Integration erfolgt über die Zeit. Da haben wir keine Eile. Das ist eine Liebes- und Vernunftehe gleichermaßen. Die Strategie, die wir in den letzten Jahren erarbeitet haben, können wir nun konsequent umsetzen. Zudem können wir uns aus den Bereichen, in denen wir heute schon stark sind, wie etwa der Autoindustrie, in andere Branchen entwickeln wie zum Beispiel Konsumgüterhersteller und Industrieausrüstung.
Was bieten Sie Accenture Interactive?
Trotz ihrer Größe hat Accenture keine Firma in ihrem Portfolio wie wir. Wir haben die gleichen Zukunftsvisionen, speziell für den Automobilbereich. Die Kunden wollen einen Dienstleister, der alles aus einer Hand kann. Mackevision ist führend in der Technologie, vor allem bei Augmented Reality oder Virtual Reality. Da ist Accenture noch nicht so stark. Ein Beispiel: wenn einer unserer großen Kunden etwa in der Autoindustrie einen digitalen Showroom aufbauen will, dann können wir ihm alles aus einer Hand liefern – nicht nur ein Geschäft, sondern weltweit in 3000 Läden mit permanenter Pflege. Das ist ein einmaliges Profil auf der Welt.
Heißt das nicht, dass sich Angebot, das ja von der Mitarbeit an Serien wie Game of Thrones bis zur Erstellung von digitalen Konfiguratoren für die Autoindustrie reicht, etwas ändern muss?
Nein. Wir hören auch nicht auf, visuelle Effekte für Spielfilme zu machen. Aber dieser Bereich ist wirtschaftlich nicht so riesig, selbst wenn er in der Berichterstattung in den Medien über Mackevision immer im Vordergrund steht.
Die bisherigen Eigner von Mackevision wollen alle verkaufen
Mackevision ist mehrheitlich im Besitz des belgischen Finanzinvestors GIMV, der Rest verteilt sich auf das Management mit dem größten Teil bei Ihnen. Wer hat nun wie viel verkauft?
Alle werden alle Anteile verkaufen. Mackevision ist künftig eine hundertprozentige Tochter von Accenture Deutschland, inhaltlich gehören wir zu Accenture Interactive.
Sie behalten also auch keine Anteile?
Ich habe einen Teil meiner Beteiligung in Accenture-Anteile getauscht, bin also nach wie vor unternehmerisch involviert und bleibe Firmenchef. Ich bin aber nicht mehr direkt an Mackevision beteiligt.
Und der Firmensitz bleibt in Stuttgart?
Ja, wir bleiben im Bosch Areal. Und der Name bleibt auch. Die Marke Mackevision bleibt bis auf weiteres bestehen. Und die Mannschaft bleibt auch.
Und der Kaufpreis?
Darüber haben wir Stillschweigen vereinbart. Wir passen inhaltlich und kulturell perfekt zusammen und die Übernahme gibt uns starken Rückenwind. Aber wir waren kein Sonderangebot.
Warum haben Sie überhaupt verkauft? Spielten Finanzierungsmöglichkeiten auch eine Rolle?
Nein, wir waren nicht in Geldnot. Es war aber klar, dass der Finanzinvestor GIMV irgendwann aussteigt. Insofern haben wir gezielt nach Investoren Ausschau gehalten und einige wenige auch angesprochen. Mir war aber sehr wichtig, dass nicht nur nach dem größten Geldbeutel geschaut wird. Von Finanzinvestoren habe ich jede Woche Angebote erhalten. Das wäre für uns aber kein relevanter Fortschritt gewesen. Bei Accenture Interactive hingegen können wir sowohl Wachstum erreichen als auch Synergien erzielen.
Was macht Mackevision?
Das Unternehmen bietet beispielsweise Produktkonfiguratoren, digitale Kataloge oder virtuelle Ausstellungsräume an. Mit der Simulationstechnologie lassen sich ‚digitale Zwillinge‘ von realen Produkten erstellen. Das können Autos sein, Konsumgüter oder Maschinen.
Mackevision wurde im Jahr 1994 gegründet. Unter dem anfangs als freier Mitarbeiter zum Unternehmen gestoßenen Grafikdesigner und heutigen Chef Armin Pohl wandte man sich seit der Jahrtausendwende der neuen 3D-Simulationstechnologie zu. Heute beschäftigt man weltweit mehr als 500 Mitarbeiter. Der Hauptsitz ist in Stuttgart. Für seine Arbeiten hat das Unternehmen internationale Preise gewonnen, darunter einen Emmy für die visuellen Effekte in der Fernsehserie ‚Game of Thrones‘. Seit 2014 war die belgische Investmentgesellschaft Gimv Mehrheitseigentümer.
Ein sehr wichtiger Kunde für Mackevision ist die Autobranche. Ziel ist es nun, auch weitere Branchen intensiver zu erreichen. Mit der Übernahme von Mackevision will Accenture vom starken Wachstum des Marktes für Simulationen profitieren. Laut der Analysefirma IDC soll er in den kommenen zwei Jahren ein jährliches Volumen von 162 Milliarden US-Dollar (rund 135 Milliarden Euro) erreichen.
Der Beitrag Armin Pohl: Warum kauft Accenture Mackevision erschien zuerst auf Ideenwerk BW.